Der Maler, Hochschullehrer und geniale Ausstellungsregisseur Arnold Bode wäre morgen 90 Jahre alt geworden. An ihn, den schöpferischen Unruhegeist, muß man in Kassel nicht erinnern, denn er ist in seinem Lebenswerk und Vermächtnis, der documenta, stets gegenwärtig.
Vor vier Jahren hatte der Kasseler Kunstverein in einer Ausstellung Arnold Bodes Werk gewürdigt. Dabei hatten der Künstler und sein malerisches Werk im Zentrum gestanden. Ergänzend dazu war dokumentiert worden, wie intensiv Bode am Projekt einer Kunstschau im Herkules-Oktogon gearbeitet und wie produktiv er als Erbauer von Messeständen gewirkt hatte. Nun ist bis zum 31. Januar in der Kunstetage, Untere Karlstraße 4, die Ausstellung Arnold Bode – Projekte im Raum zu sehen, die Bettina Becker im Auftrag von Kulturamt und documenta Archiv organisierte.
Die Schau, die sehr gut an die Kunstvereins-Ausstellung anschließt, läßt den Künstler Bode außer Betracht. Sie konzentriert sich auf den Ausstellungsinszenator (documenta 1-4 sowie Industrieschauen) und den schier unerschöpflichen Gestalter. So lernt man in zwei Räumen Arnold Bode von einer neuen, besser gesagt, weitgehend vergessenen, Seite kennen. Zum einen sind das Bodes Entwürfe für Innenräume und Möbel (ein klassisch moderner Federstahlsessel) und zum anderen die rigorosen Vorschläge für die Stadtgestaltung.
Bode dachte universal. Ein vorzüglicher Beleg dafür ist sein für die Ausstellung reproduzierter Aufsatz über die Gestaltung eines zeitgemäßen Radios. Jeder angehende Designer müßte diese Gedanken in sich aufnehmen.
So wie seine Schrift großzügig war, so zog Bode auch großzügige Striche über den Stadtplan, um neue Verkehrsstränge oder Stadtentwicklungsgebiete zu markieren. Vieles von dem, was Bode in den 60er und 70er Jahren zur Stadtplanung vorschlug, wäre heute nicht mehr denkbar. Trotzdem sind seine Entwürfe deshalb noch immer faszinierend und wegweisend, weil sie genau die Schwachstellen aufzeigen und auf die Schaffung jener Urbanität zielen, deren Fehlen oft genug beklagt wird, Die klar konzipierte Ausstellung kann so direkt die stadtplanerischen Diskussionen beleben. Bode wirkt fort. Auch der Traum vom Oktogon-Projekt, der hier nochmals beschworen wird, wartet auf seine Einlösung.
HNA 22. 12. 1990