Ein reiches Werk

Der Kasseler Kunstverein eröffnete vor einem Jahr einen Ausstellungszyklus zu seinem l50jährigen Bestehen – mit einer Verbeugung vor den Künstlern, die seit Jahrzehnten in dieser Region Maßstäbe gesetzt haben. Einer der fünf gewürdigten Künstler war Prof. Kurt Bunge, der heute sein 75. Lebensjahr vollendet.

Bunge hat ein reiches malerisches Werk geschaffen, dessen Solidität und Qualität frühzeitig erkannt wurden. Der aus Bitterfeld (Sachsen) stammende Maler und Grafiker ist sich zwar seiner Leistung bewußt, doch seine Bescheidenheit hindert ihn daran, auch dafür zu werben.

In den 50er Jahren war Bunge einer der wenigen gesamtdeutschen Künstler. Er lebte in Haile / Saale (DDR). lehrte dort als Nachfolger seines Lehrers Carl Crodel an der Kunstschule Burg Giebichenstein und beteiligte sich regelmäßig an der Großen Dresdner Kunstausstellung; gleichzeitig stellte ab 1952 in der Bundesrepublik beim Deutschen Künstlerbund aus, dessen Mitglied er 1958 wurde.

Obwohl 1957 erst zum Professor ernannt, entschied er sich ein Jahr später, die DDR zu verlassen und zusammen mit seiner Frau in deren Heimatstadt, nach Kassel, zu gehen. Diese Flucht in den Westen bedeutete für Bunge, daß er fast sein gesamtes bisheriges künstlerisches Werk in der DDR zurücklassen mußte (wo es sich auch heute auch noch im Depot befindet). Andererseits gewann er aber auch die künstlerische Freiheit zurück und konnte sich nun erstmals intensiv mit der Abstraktion auseinandersetzen, um nach vielen und fruchtbaren Experimenten sich dann doch wieder dem Gegenständlichen zu verschreiben, einer magisch-realistischen Weitschau.

Mensch und Landschaft sind die beiden Pole, um die sich Bunges Bildthemen gruppieren. Der Maler sah sich häufig zwei widerstreitenden Neigungen ausgesetzt: die eine drängte ihn zur plastischen Verdichtung der Räume und Figuren, zu Festigkeit und Volumen sowie zur Einbindung der Farbe, die andere trieb ihn zur Auflösung der Körper und Landschaften in (häufig kubische) Einzelformen, so daß sich die Farbe von den Dingen freimachen und ein eigenes, sehr lebendiges Spiel beginnen konnte. Auf beiden Wegen ist Bunge zu kraftvollen und meisterhaften Bildern gelangt.

Kurt Bunge hat während seines schöpferischen Lebens immer wieder auch als Restaurator gearbeitet, erst in Sachsen und später in Hessen und Norddeutschland. Aus dem Umgang mit den alten Maltechniken entwickelte sich seine Liebe zur Faßmalerei, die er in sein eigenes Schaffen einbezog. Bei der Faßmalerei werden in zwei Dutzend Arbeitsgängen auf Holz erst Kreideschichten und dann ein Goldgrund hergestellt, der schließlich in die Malerei einbezogen wird. Bunge hat zahllose Bilder in dieser altmeisterlichen Technik gefertigt. Die schönsten darunter sind jene, in denen die gold- oder silbergefaßten Teile in den Bildern als eigene Farbblöcke wirken.

HNA 14. 3. 1986

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