Bilder der Einsamkeit

Gelegentlich rückt der Maler H.D. Tylle in seiner Realismusgalerie (Fuldatal 1, Auf dem Hasenstock 1 A) das eigene Werk in den Mittelpunkt. Jetzt ist es wieder soweit – er hat eine Serie neuer Arbeiten vorzustellen. Tylle, der durch seine Bilder aus der Arbeitswelt weithin bekannt geworden ist, wendet sich zwischendurch immer wieder Landschaften zu. In diesem Sommer hat er sich nicht unter südlicher Sonne entspannt, sondern sich den Anstrengungen des Lava-Hochlandes von Island ausgesetzt.
Tylle ist mit Bildern der Einsamkeit zurückgekehrt. Die vor Ort entstandenen Ölstudien und die im Atelier komponierten großen Ölbilder berichten von einer leeren, fast feindlichen Welt. Die Farben sind abweisend und wirken im ersten Moment unwirklich: Weite, unstrukturierte Landschaften entfalten sich in Braun-Rot-Lila- Tönen. In der Ferne werden diese Lavafelder – gelegentlich unter einem rötlich-grauen Himmel – von schmalen blauen Gebirgsstreifen gekrönt. Dann wieder verliert sich der Blick in grünen Weiten, in denen verlassene Höfe wie letzte Spuren menschlichen Daseins erscheinen.
Die Bilder zeugen von malerischer Meisterschaft. Sie verraten das intensive Studium des Lichts und sie dokumentieren indirekt die Stimmungen, denen der Maler ausgesetzt war. Gerade dort, wo eigentlich nichts zu entdecken ist, wo die Landschaft sich als eine ungestaltete bräunliche Masse erstreckt, fühlt sich der Maler gepackt und modelliert aus Farbe und Licht den Charakter der Hochebene. In vielen der 47 Bilder wird der Himmel zur zentralen Landschaft: Oftmals nimmt er zwei Drittel der Fläche ein und lastet mit seinen grauen Wolkenformationen förmlich auf der Hochebene.

26. 11. 90

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