Der in Fuldatal ansässige Maler H.D. Tylle (Jahrgang 1954) verfolgt seit Jahren einen eigenständigen Weg. Sein malerisches Werk lebt aus dem Kontrast von Landschaftsporträt und Industriemalerei, wobei ihn insbesondere die Spannung zwischen beherrschender Technik und menschlichem Einsatz fasziniert. Eine Werkschau Tylles erreicht am Samstag als vierten Ort die Kunststation Klein- sassen (Landkreis Fulda).
Tylle hat immer wieder erfahren müssen, daß die realistische Malerei im Kunstbetrieb keinen hohen Stellenwert hat. Dadurch ließ er sich nicht beirren. Vielmehr bestärkte ihn diese Erfahrung, für die Durchsetzung des Realismus zu kämpfen: In Fuldatal-Ihringshausen, Auf dem Hasenstock 1A, gründete er nun eine Realismusgalerie, in der er Werke von Künstlern zeigen will, die sonst kaum eine Chance hätten, im Raum Kassel auszustellen.
Das Programm startete Tylle mit einer Parallelausstellung zu der Schau Augenschein und Eigensinn in der Neuen Galerie Kassel. Unter dem Titel noch mehr Augenschein und Eigensinn sind hier Bilder und Objekte von 13 Künstlern versammelt, die auch in Neuen Galerie vertreten sind. Beide Ausstellungen dokumentieren die Vielfalt, die sich unter dem Begriff Realismus verbirgt, und ergänzen sich gut.
Manfred Bluth zeigt kleine, verhalten farbige Landschaftsstudien; Kurt Haug tritt mit theatralisch inszenierten Kompositionen auf. Auch Siegfried Rinke sucht die fast manieristische Ausgestaltung eines Themas. Helmut Pranz stellt sich als wandelbarer Künstler vor; seine Insel der Toten gehört zum Besten dieser Schau. Koske überzeugt mit seinem Fotorealismus auch im Kleinformat. Bei Tylles Hochofenbildern gehen Licht und Farbe eine großartige Verbindung ein.
Von Manuel Schauer sieht man sehr poetische Aquarellstudien. Ellen van Ess überrascht mit trockenen, fest gebauten Laidschaften. In Uli Schultes dunklen Wachs-Kreide-Kohle-Blättern treten die zeichnerischen Elemente stark hervor. Von Rodica von Keyserllng sind Vorstudien zu sehen. Martina Klein beläßt in ihren Stilleben den Dingen ihren malerischen Charakter. Tilman Elgnowski hingegen tendiert zur freien, abstrakten Malerei. Wirklich frappierend ist der Beitrag des realistischen Malers Mathias Weis: Er zeigt drei Objekte, deren Gestalt nur durch eine labile Balance gewonnen wird.
21. 10. 1988