Im Frühsommer 2000 kehrt die Kasseler Gemäldegalerie ins umgebaute Schloss Wilhelmshöhe zurück. Vor diesem Hintergrund stellen wir 26 Hauptwerke der Galerie vor, die auch jetzt zu sehen sind.

Das Bild hat nichts Spektakuläres. Die Waldlandschaft ist schlicht und ohne besondere Attraktionen. Selbst der Ausblick aus der Lichtung auf die hinten erkennbare Kirche wird vom Dunst verschleiert. Auch die Feldwache im Vordergrund, die möglicherweise aufgezogen ist, um die Stadt oder das Dorf vor militärischen Überfällen zu bewahren, hat nichts Dramatisches an sich. Die Szene ist so alltäglich, dass rechts einer der Bewacher zu sehen ist, wie er seine Blase erleichtert.
Aber gerade das Normale und Natürliche machen die Besonderheit des Bildes aus, das Jan Brueghel d. A. (1568-1625) im Jahre 1607 geschaffen hat. Der Maler stammt aus der künstlerisch reich begabten Brueghel-Familie. Sein Vater war der berühmte Pieter Brueghel d. A., der sogenannte Bauern-Brueghel, dessen figurenreiche, belebte Szenen so beliebt sind. Während Jans Bruder Pieter weitgehend den Motiven seines Vaters treu blieb und zahlreiche Gemälde kopierte, ging der Schöpfer unseres Bildes eigene Wege. Er lebte sechs Jahre in Italien und geriet unter den Einfluss von Paul Bril.
Die Kasseler Gemäldegalerie besitzt sechs Gemälde, die mit Jan Brueghel d. A. in Verbindung gebracht werden. Aber nur drei Gemälde gelten als eigenhändig. Das Hauptwerk dieser drei Bilder ist die „Feldwache“. Trotz seiner langen Italienzeit hatte Jan Brueghel eine Vorliebe für die flache, nördliche Waldlandschaft. Seit 1595 komponierte er immer wieder Gemälde, in denen Waldlichtungen eine zentrale Rolle spielt n. Aber während beim „Uberfall im Wald“ (1605, Warschau) auch der Natur im Vordergrund etwas Dramatisches anhaftet, wirkt das Kasseler Bild geradezu beschaulich.
Mit großer Liebe zum Detail ist die Landschaft von vorne nach hinten aufgebaut. Selbst
in der Ferne sind die Bäume und Blätter noch exakt angelegt, wobei das Farbspektrum ganz allmählich von Braun (Vordergrund) zu Grün und Blau übergeht, um dann bei den Wolken bei einem warmen Gelbton zu enden.
Man kann in diesem Bild mit den Augen spazieren gehen. Aber auch die Wachinannschaft im Vordergrund und das aus dem Wald kommende Paar laden zum ausführlichen Betrachten ein, weil die unterschiedlichsten Verhaltensweisen treffend geschildert werden. Alies ist hier natürlich.
Jan Brueghel d. Ä.: Feldwache in einer Waldlichtung, 1607.