Beiträge zur Neubestimmung der Kunst

Die Kunstdiskussion ist in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten in Europa sehr verengt geführt worden. Fragen der Form rückten in den Vordergrund. Eine Zeit lang schien es so, als würde sich Kunst in der Beschäftigung mit sich selbst erschöpfen.

Natürlich gab es auch gegenläufige Trends. So hatte Manfred Schneckenburger in den beiden von ihm geleiteten documenten (1977 und 1987) Fragen nach der sozialen Rolle der Kunst in den Vordergrund gerückt. Auch zielten Schlüsselarbeiten der documenta 7 (1982) ins Gesellschaftliche und Politische (wie „7000 Eichen“ von Beuys), obwohl Rudi Fuchs zum Rückzug ins Museum geblasen hatte.

Trotzdem schienen politisch-kritische Ansätze unzeitgemäß zu sein. So erntete Catherine David für ihre Abkehr vom sich selbst genügenden Kunstbetrieb, neben ernsthaftem Lob auch viel Kritik. Das, was David vor fünf Jahren eingeleitet hat, setzt das Team um Okwui Enwezor in der Documenta 11 zugespitzt fort. Dafür sprechen nicht nur die Plattform-Diskussion zu gesellschaftlich-politischen Fragestellungen, sondern auch die Haltungen der einzelnen Kuratoren. Das gilt auch für den Argentinier Carlos Basualdo (Jahrgang 1946), der 1997 Enwezor bei einem internationalen Ausstellungsprojekt in Bonn kennen lernte, das dann aber nicht zustände kam. Basualdo gelangte über die Literatur der Moderne zur Kunst, war als Jöurnalist tätig und arbeitete zuletzt als Kurator am Wexner Center in Columbus (Ohio).

Für Basualdo ist Kunst immer politisch. Alle interessanten Künstler, so meint er im Gespräch, hätten eine klare ethische Position. Und jeder Versuch, Küret unpolitisch zu sehen, bedeute, sie auf das rein Formale zu reduzieren. Dass es überhaupt zu der unpolitischen Einschätzung der Kunst kommen konnte, ist seiner Ansicht nach auch die Schuld der Kunstdiskussion im Amerika der 60er-Jahre. Als nachhaltige Beispiele für eine politisehe Kunst, wie sie sich in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts in Europa entwickeln konnte, nennt er die Dada-Bewegung und Kurt Schwitters.

Gerade ist im Kölnischen Kunstverein eine von Carlos Basualdo komponierte Ausstellung zu sehen (bis 7. April). Dort prä¬sentiert er den Brasilianer Helio Oiticica (1937-1980), von dem er raumgreifende Installationen zeigt. Oiticica gilt für Basualdo als die herausragende brasilia-nische KünstlerPersönlichkeit der 60er- und 70er-Jahre. Ca-therine David hatte in der documenta X auch eine Arbeit von Oiticica gezeigt.

HNA 24. 2. 2002

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