Denkmalpflege verzichtet auf Kuppel

Nach den Wettbewerbsentwürfen der Architekten lenkte die Denkmalpflege ein: Sie akzeptiert den Umbau von Schloß Wilhelmshöhe ohne Kuppel-Rekonstruktion. Das Schloß wird sein Äußeres dennoch verändern.
Noch kann keiner der Experten genau voraussagen, wie sich Schloß Wilhelmshöhe aus der Stadt-Perspektive wandeln wird, wenn auf das Dach des Mittelbaus das vom Münchner Architekten Stephan Braunfels geplante Laternengeschoß gesetzt worden ist. Wird der gläserne Aufbau mit dem Kupferdach dem von einer Balustrade gekrönten Bau einen sichtbaren Abschluß geben oder wird es aus der Talsicht kaum erkennbar werden? Vieles spricht dafür, daß der Schloßbau im Dachbereich neues Volumen erhalten wird; Auf jeden Fall wird die StahlGlaskonstruktion von der Bergseite her das Erscheinungsbild von Schloß Wilhelmshöhe deutlich verändern.
Bei der Ausschreibung des Wettbewerbs zur Sanierung von Schloß Wilhelmshöhe sollte es ursprünglich nur um die Verbesserung der Ausstellungsbedingungen gehen. Doch jede Überlegung, wie die mangelhafte Sheddach-Konstruktion zu verbessern oder zu ersetzen sei, führte zu Plänen für einen neuen Dachaufbau. Das Land hatte, wie das Staatsbauamt gegenüber der HNA bestätigte, die Bauaufgabe europaweit ausgeschrieben. Offensichtlich war das internationale Interesse aber gering. Aus dem Kreis der Architekten, die sich gemeldet hatten, wurden dann drei zum Wettbewerb eingeladen: Die Architekten Braunfels (München), Scheffler und Warschauer (Frankfurt) und Klaus Hänsch (Dortmund). Alle drei haben bereits Erfahrungen mit Museumsbauten gesammelt. Das Problem der Ausschreibung war, daß unterschiedliche Ziele miteinander verbunden werden sollten: Die Nutzer, das heißt die Staatlichen Museen, wünschten sich für die Gemäldegalerie im dritten Stock eine größere Raumhöhe und möglichst viel Oberlicht. Die Denkmalpflege dachte eher an das äußere Erscheinungsbild und zielte auf die Wiedererrichtung der Kuppel und die Wiederverwendung von Sprossenfenstern. Alle drei Architekturbüros aber gingen bei ihrer Planung von innen nach außen vor, sie setzten also die Nutzer-Interessen über die historischen Belange. Das bedeutet: Bei dem Umbau soll nicht eine alte Schloßansicht wiederhergestellt werden, sondern die neue Bestimmung, das Museum, sichtbar nach außen hervortreten. Nahezu alle Umbauvarianten führen zu neuen Dachkonstruktionen, die über die Balustrade hinausragen. Nahezu einheitlich haben die Architekten die Kuppel-Lösung abgelehnt: Die Kuppel wäre für das Museum ohne Funktion, würde das Licht rauben und wäre zudem zu teuer. Dies habe die Denkmalpflege schlucken müssen, heißt es beim Staatsbauamt. Dagegen ist man sich dort noch nicht sicher, ob auch die Sprossenfenster endgültig aus der Diskussion seien. Da die Sprossenfenster 40 bis 50 Prozent der Lichtmenge schlucken würden, hatte sich kein Architekt für sie entschieden. Wie berichtet, hat der Münchner Braunfels den Wettbewerb gewonnen. Er hatte den einzigen Vorschlag präsentiert, den die Denkmalpflege befürworten wollte. Durch das vier bis fünf Meter hohe, gläserne Laternengeschoß will Braunfels das Licht reichlich einfangen und gleichmäßig nach unten führen und will zugleich der Gemäldegalerie auch nach außen Gestalt geben. Nachdem Braunfels den Zuschlag erhalten hat, arbeitet er nun (bis August) an der Feinplanung, wobei die Höhe des Laternengeschosses sich an den Proportionen des Schlosses und an den Anforderungen der Lichtexperten orientieren sollen. Auch wird derzeit geprüft, ob man die verschiedenen Aufsichten auf das Laternengeschoß illustrieren kann. Der Umbau soll im Spätherbst beginnen, da die 15,2 Millionen Mark Sanierungskosten nur bis Ende 1996 bereitstehen.
Das Büro Scheffler und Warschauer hatte auch an einen Dachaufbau gedacht – an eine gläserne rechteckige Konstruktion, die im Bereich des Portikus (als Kuppelzitat) durch einen hohen Kubus betont werden sollte. Dieser Plan zielte auf einen bewußten Bruch mit der Tradition und wurde daher von der Denkmalpflege abgelehnt. Klaus Hänsch hatte mehrere Varianten entwickelt. Die am wenigsten auffällige wäre gewesen, das Sheddach beizubehalten und nur zu sanieren. Daneben schlug er eine neue Sheddach-Konstruktion vor, die wie Sägezähne die Balustrade überragt hätte. Und schließlich wäre es seiner Ansicht nach möglich, auf das Schloß ein von einer flachen Pyramide gekröntes Satteldach zu setzen. Doch die auch im Innern sichtbaren Dachschrägen fanden bei der Museumsleitung keinen Beifall.
HNA 7. 7. 1994

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