Im September 2016 startete die documenta 14 in Athen Öffentliche Programme: Unter dem Motto „Das Parlament der Körper – 34 Freiheitsübungen“ wurde und wird zu Vorträgen, Diskussionen, Performances, Aufführungen und Demonstrationen eingeladen. Die Programme laufen in Athen bis zur Eröffnung der documenta am 8. April und ziehen dann um nach Kassel, um dort dann bis zur Eröffnung am 10. Juni präsentiert zu werden.
Diese Veranstaltungsreihen verstehen sich als ein integraler Bestandteil der Ausstellung. Mit Entschiedenheit „weigern sich die Öffentlichen Programme“, bloße Begleiter der Ausstellung zu sein. Alle Bestandteile der Ausstellung werden in der Summe als Parlament der Körper verstanden. Das meint, wie ich es verstehe, dass es in der documenta 14 nicht nur um die Präsentation von Werken und Dokumenten geht, sondern dass alles eingebunden wird in eine performative Struktur, in der die Anwesenheit und Aktion des Körperlichen unabdingbare Voraussetzungen sind. Nur so kann der Entstehungsprozess widergespiegelt werden, und nur so wird es möglich, die Ausstellungsteile in den Prozess von Musik und Wort, Diskussion und Aufführung einzubinden. Die Ausstellung lebt aus der körperlichen Präsenz. Nur so kann sie der politisch-gesellschaftlichen Entwicklung gerecht werden. Das ist deshalb so wichtig, weil es in der documenta-Geschichte keinen annähernd so radikalen Umbruch gegeben hat wie in den letzten zwei Jahren – mit Ausnahme der Wende von 1989/90, auf die allerdings die documenta 1992 nicht oder kaum reagierte.
Catherine David hatte 1997 mit ihrer Vortrags- und Diskussionsreihe „100 Tage – 100 Gäste“, ihren Heften „documenta – documents“ und ihrem Katalogbuch „Das Buch zur documenta X“ ganz Ähnliches im Sinn. Auch Okwui Enwezors Plattformen (2002) und Roger Buergels „documenta Magazine“ (2007) bewegten sich in die gleiche Richtung. Das Wort vom Parlament der Körper hätte aber auch zum Konzept von Carolyn Christov-Bakargiev (2012) gepasst, zu dem die 100 Notebooks ebenso gehörten wie die unterschiedlichsten Vortrags- und Gesprächsreihen.
Was Adam Szymczyk und Carolyn Christov-Bakargiev verbindet, ist die Tatsache, dass es beiden um die Themen und die Weltsicht geht. Die Kunst und das Kunstwerk treten zuweilen zurück, um anderen Dokumenten Platz zu machen. Wenn also der Soziologe sowie Stadt- und Landschaftsplaner Lucius Burckhardt Bilder gemalt hat, die sein Denken illustrieren (ohne die Frage nach der künstlerischen Qualität zu stellen), dann spielen diese Bilder im Kontext der documenta keine andere Rolle als etwa die Gemälde von Konrad Zuse, die von der dOCUMENTA 13) ans Tageslicht geholt wurden. Hier hatte nicht die künstlerische Ästhetik neue Maßstäbe gesetzt, sondern vor vertrauten Horizonten wurden neue Zusammenhänge vorgeführt.