Neue Galerie: Beuys-Bäume werden versetzt

Manchmal haben Entschiedenheit und Proteste doch Erfolg: Jetzt steht fest, dass die beiden Beuys-Bäume (Stiel-Eichen), die rechts und links der Eingangstreppe zur Neuen Galerie stehen, trotz der Umbaumaßnahmen erhalten werden können. Am 6. Mai sollen sie in Richtung Fahrbahn (also vom Gebäude weg) versetzt werden. Die Grundsatzentscheidung dafür lag schon länger fest, doch war bisher nicht klar, wie verbindlich sie ist.

Die Baum-Versetzung ist für beide Seiten von Vorteil: Die Bäume erhalten für die Wurzeln und Äste deutlich mehr Spielraum bei ihrem Wachstum. Andererseits fanden die Architekten eine überzeugende Lösung für die Neugestaltung der Eingangssituation: Die Bäume werden sozusagen Teil der Zugangstreppen, so dass ihre Wächterfunktion verstärkt wird. Auf der anderen Seite kann nun zwischen dem Galerie-Gebäude und dem Baum nach rechts eine Behindertenrampe so angelegt werden, dass sie hinter einer halbhohen Begrenzungsmauer verborgen wird.

Die Stiftung 7000 Eichen hatte mit Nachdruck für den Erhalt der beiden Bäume im Eingangsbereich gekämpft. Nicht nur, weil die beiden Beuys-Bäume hier einen modellhaften Standort haben, sondern auch weil in der Neuen Galerie der Beuys-Raum eine der zentralen Installationen des Museums birgt. Das Hessische Baumanagement hatte ursprünglich mit der Museumslandschaft Hessen Kassel verabredet, die Bäume zu fällen und Ersatzbäume in Richtung Frankfurter Straße zu pflanzen.
28. 4. 2010

Neue Galerie ohne Beuys-Bäume?

Mit aller Entschiedenheit hat sich das Kuratorium der Stiftung „7000 Eichen“ gegen Pläne der Museumslandschaft Hessen Kassel (mhk.) gewandt, die beiden Beuys-Eichen, die den Eingang zur Neuen Galerie flankieren, zur Neugestaltung des Museums und seines Umfeldes zu fällen und Ersatzbäume an der Grenze zur Frankfurter Straße zu pflanzen. Eine Rodung der beiden Bäume wäre nach Einschätzung des Kuratoriums ein Dammbruch. Dieser Standort habe für das Projekt „7000 Eichen“ einen außerordentlich hohen Symbolwert, da an diesem Ort die im Innern präsentierte Kunst mit dem Außenkunstwerk verknüpft werde. Schließlich wurden die beiden Eichen deshalb rechts und links von der Eingangstreppe gepflanzt, weil normalerweise die Neue Galerie (sie wird jetzt umgebaut) das Beuys-Werk „The Pack“ (Das Rudel) sowie Vitrinen, Objekte und Zeichnungen des rheinischen Künstlers beherbergt. Joseph Beuys hatte 1976 den Raum selbst eingerichtet. Neben dem Darmstädter Block gilt der Beuys-Raum in Kassel als eine der wichtigsten Installationen dieses Künstlers in Deutschland.

Neue Galerie mit Beuys-EichenDrei Gründe werden für die Beseitigung der Bäume angeführt:
1) Die zwei symmetrisch angepflanzten Säuleneichen, so heißt es im Planungsprotokoll, verdeckten die nördliche Fassade der Neuen Galerie, „so dass der Haupteingang des Gebäudes weder von der Frankfurter Straße noch von der Schönen Aussicht sichtbar wird“.
2) Es müsse parallel zur Fassade eine Rampe für den behindertengerechten Zugang gebaut werden. Dafür müsse auf jeden Fall ein Baum verschwinden.
3) Der Sockel des Gebäudes müsse abgedichtet und neu gefasst werden. Um diese Arbeiten zu ermöglichen, müssten die Bäume entfernt werden.
Da das gesamte Umfeld der Neuen Galerie neu gestaltet wird, haben sich Planer und Museumslandschaft Hessen Kassel darauf verständigt, Ersatzbäume am Rande des Grundstücks, an der Frankfurter Straße, zu pflanzen.

Wer die Ansicht vertritt, die Säuleneichen würden die Fassade der Neuen Galerie verdecken, sagt erst einmal die Unwahrheit. Außerdem argumentiert er demagogisch und hat das Kunstprojekt „7000 Eichen“ nicht verstanden. Auf Wunsch der Neuen Galerie wurden ja die Bäume vor die Neue Galerie gesetzt, weil eine Verbindung zwischen dem Innen und Außen hergestellt werden sollen. Durch die Anpflanzungen wurden die beiden Bäume Bestandteil der Sammlung der Neuen Galerie.

Neue Galerie - ohne Beuys-BäumeWie wenig sich die Museumsleitung mit den Beuys-Bäumen angefreundet hat. Wird daran ersichtlich, dass auf der Homepage der mhk. die Neue Galerie ohne die Bäume zu sehen ist. Innerlich hat man die Bäume gar nicht angenommen oder sie schon in Gedanken beseitigt.

Joseph Beuys (1921-1986) war fünf Mal zur documenta eingeladen worden. 1982 hatte er sich entschieden, mit seinem Beitrag aus dem Museum herauszugehen und mit seiner Pflanzaktion „7000 Eichen – Stadtverwaldung statt Stadtverwaltung“ seine Idee von der sozialen Plastik im Stadtraum zu realisieren und ihn nachhaltig zu verändern. Ziel der Aktion war es, Bäume auch gerade dort im Stadtgebiet zu pflanzen, wo es schwierig war und Widerstände zu erwarten waren. Jedem Baum wurde eine Basaltsäule beigegeben. Der erste und der letzte Baum wurden auf dem Friedrichsplatz, in der Blickachse auf das Portal des Museums Fridericianum gepflanzt. Die erfolgreiche Beendigung der Aktion erlebte Beuys nicht mehr. Er starb ein Jahr vorher.

Es dauerte 13 Jahre, bis nach Abschluss der Pflanzaktion die Stadt Kassel endlich das von Joseph Beuys gemachte Geschenk annahm und sich mit der Verabschiedung der „7 Thesen zu 7000 Eichen“ zu der Verpflichtung bekannte, das Kunstwerk zu pflegen, weiter zu entwickeln und bekannt zu machen. Von der Stadt wurde im Jahre 2000 ein Beirat berufen, 2003 erfolgte die Gründung der Stiftung „7000 Eichen“.

Die Stiftung gab eine CD-Rom mit Texten und Bildern zu „7000 Eichen“ sowie einem Kataster mit dem Baumstandorten heraus; sie präsentiert das Kunstwerk regelmäßig zur Museumsnacht und organisierte ein Symposium zu „7000 Eichen“. Eine Hauptaufgabe besteht darin, das Bewusstsein für das Kunstwerk zu pflegen und mit der Stadt sowie Grundstückseigentümern zu beraten, wenn Baumstandorte gefährdet sind: Immer wieder mussten Bäume zum Fällen freigegeben werden und Ersatzpflanzungen erfolgen, wenn an bestimmten Standorten Bäume im Bestand gefährdet waren oder unabweisbare Kanal- und Leitungsarbeiten bzw. unvermeidliche Änderungen im Verkehrskonzept erfolgen mussten.

Der Leidensdruck auf Grund dieser wiederholten Veränderungen war im Kuratorium schon groß. Die Beseitigung der Beuys-Bäume vor der Neuen Galerie würde die Arbeit des Kuratoriums komplett in Frage stellen.
28. 10. 2008

Neue Galerie mit den Beuys-Bäumen

Nachtrag im Herbst 2009: Der Hinweis auf das Foto der Neuen Galerie ohne die Beuys-Bäume auf der Homepage der mhk hat gewirkt. Jetzt ist die Neue Galerie mit den beiden Eichen zu sehen.

Schreibe einen Kommentar