21. 2. 2010
Eine höchst erfreuliche Nachricht: Das Hausmeisterbüro mit dem TitelPausenraum, das Christoph Büchel im Herbst 2008 als Teil seiner großen Installation „Deutsche Grammatik“ in der Kunsthalle Fridericianum eingerichtet hatte, bleibt für die Städtische Kunstsamlungen Kassel erhalten. Die Ausstellung „Deutsche Grammatik“ war ein Paukenschlag, mit dem Rein Wolfs in der Kunsthalle Fridericianum seine Kuratoren-Arbeit begonnen hatte. Es ist seine bisher stärkste Ausstellung. Das Faszinierende an der Schau waren die unterschiedlichen Realinszenierungen: Die Kunsthalle betrat man durch einen wirklichen Mäc-Geiz-Shop, es gab ein Sonnenstudio, eine Stasi-Zentrale, in der die Akten und Dokumente geschreddert worden waren, und der Friedrichsplatz hatte sich in einen Acker verwandelt.
Zu der Installation gehörten auch eine deutsch-deutsche Wohnung, durch die sich eine Mauer zog. Und in einem Raum war ein Hausmeisterbüro (Pausenraum) eingerichtet worden, in dem alle Utensilien wohl geordnet stehen und liegen und in dem auch das Bild von Hitlers Schäferhund hängt.
Nach Schluss der Ausstellung war der Raum mit dem Hausmeisterbüro nicht ausgeräumt, sondern abgeschlossen worden. Kunsthallen-Direktor Rein Wolfs und documenta-Geschäftsführer Bernd Leifeld hofften nämlich, dass dieser in sich abgeschlossene Bereich der viel beachteten und hoch gelobten Ausstellung für Kassel gerettet werden könne.
Jetzt ist es soweit: Der Raum bleibt – als Schenkung – erhalten. Natürlich kann die Installation nicht auf Dauer im Fridericianum bleiben; bis spätestens Ende 2011 (also vor Beginn der documenta 13) müsste allerdings Klarheit über den künftigen Standort geschaffen werden.
Die Sicherung dieser bemerkenswerten Arbeit von Büchel ist natürlich eine Herausforderung für die Museumslandschaft Hessen Kassel und deren Konzept für die Neue Galerie. Denn als Teil der Städtischen Kunstsammlungen muss die Büchel-Installation in den Bestand der Neuen Galerie aufgenommen werden. Das heißt: Das Gewicht der zeitgenössischen Kunst wächst mit dieser Neuerwerbung beträchtlich weiter.
Vor allem werden die raumgreifenden Installationen bzw. Künstlerräume zu einem eigenen Schwerpunkt:
1) Der Beuys-Raum mit der Installation „The Pack“ (Das Rudel – VW-Bus mit Schlitten)
2) Waltercio Caldas‚ „Raum für den nächsten Augenblick“ (acht Tische und Marmorstaub, aus der documenta IX)
3) Ulrike Grossarths „Kasseler Raum“ (Wandtafeln, zwei Tische und Objekte – auf Grund von Grossarths Beitrag zur documenta X geschaffen)
4) Ecke Bonks „buch der Wörter“ (Wörterbuch-Hefte in Rahmen, Projektion und Video, aus der documenta 11)
5) Romuald Hazoumés „Dream“ (Boot und Großfotos, aus der documenta 12)
6) Danica Dakic‚ „El Dorado“ (Video-Installation, aus der documenta 12)
7) Christoph Büchels Hausmeisterbüro aus seiner Installation „Deutsche Grammatik“
Dazu kommen noch Großobjekte wie „Isola“ von Mario Merz (documenta 7) und die Stuhl-Installation von Doris Salcedo (documenta 11). Außerdem müssen Lösungen gefunden werden, um die Raum-Installtionen von Joseph Kosuth und Zoe Leonhard zu retten, die Bilder und Hängungsweisen kommentieren, die bei der Neueinrichtung nicht mehr vorhanden sein sollen.
Selbst wenn man davon ausgeht, dass Ecke Bonks Installation eines Tages ein vozügliches künstlerisches Medium für ein neues Grimm-Museum sein könnte, muss überlegt werden, wie die Neue Galerie diesem Schwerpunkt sowie den anderen documenta-Erwerbungen gerecht werden will.
Angesichts der schwierigen Raumkonstellation (zwei mal zwei lange und dabei schmale Galeriegänge, wobei die zwei Gänge zur Aue-Seite der vollen Vormittagssonne ausgesetzt werden sollen) ist es überhaupt fraglich, ob beim Wiedereinzug eine Dauerausstellung für mehrere Jahre eingerichtet werden soll. Böte es sich nicht eher an, mit wechselnden Präsentationen für jeweils mehrere Monate oder höchstens sein bis zwei Jahre zu arbeiten?
Es wird Zeit, eine öffentliche Debatte darüber zu führen.
Der Pausenraum soll am 4. Mai im Fridericianum als Schenkung übergeben werden.