Aus Freude am Widersprüchlichen

Das Lokal „Mumms“, in dem der Solinger Willi Gottschalk monatlich wechselnde Ausstellungen arrangiert, ist zu einem Ort experimenteller Kunst geworden. Die wohl aggressivste Ausstellung ist jetzt eröffnet worden: Gezeigt werden Polsterplastiken von Wolfgang Kliege aus Neuß.
Hätte vor Jahren nicht der jetzt in Mannheim als Dozent tätige Werner Löbach Solingens kunstsinnige Bürger mit seinen Koksplastiken aufgeschreckt, würde vielleicht manch einer in der Klingenstadt angesichts der Polsterplastiken von dem endgültigen Niedergang der Kunst sprechen. So aber ist bekannt, daß viele junge Grafiker und Bildhauer nicht nur nach immer neuen Formen und Figurationen, sondern auch nach ungewohnten Materialien suchen.

Bei diesen Experimenten, die gar nicht so neuartig sind, wie es hier vielleicht erscheint, werden vor allem solche Materialien erprobt und benutzt, die zum Alltag gehören und die eigentlich als untauglich für Kunstobjekte angesehen werden. Das war bei Löbachs Koks der Fall, das gilt aber auch fur die Polsterplastiken.
Wolfgang Kliege, 1939 in Altena geboren, hat nach einigen Jahren künstlerischer Arbeit als Grafiker Matratzen, Stoffkissen und Sesselbezüge aus Plastik als Material für sein plastisches Gestalten entdeckt. Polster sind bekanntlich leicht verformbar, weil sie nachgeben und zu Ausbuchtungen und Rundungen neigen. Wolfgang Kliege reizte es nun, gerade diese der genauen Umgrenzung ausweichenden Materialien in strenge, maßgenaue eckige Formen zu zwängen. So verbinden sich in seinen Objekten immer die weichen, nachgiebigen Polsterteile mit harten, fest begrenzten Holz- oder Metallstangen.

Offensichtlich geht für Wolfgang Kliege selbst der Impuls zu seiner gestalterischen Arbeit von der Freude am Widersprüchlichen aus: Verbindung von weichen und harten Materialien, Schaffung von Plastiken, die den Betrachter zum Anfassen der Objekte verleiten und doch nicht angefaßt werden sollen, und schließlich des Spiel mit kontrastierenden Farben und Reflexen. Natürlich kommt außerdem die widersprüchliche Wirkung auf den Betrachter hinzu, von der bei den lebhaften Diskussionen mit Wolfgang Kliege anläßlich der Eröffnung der Ausstellung etwas zu spüren war. Die widersprüchliche Reaktion der Betrachter muß mit eingeplant sein, wenn in diesen rein formalen Arbeiten das Spielerische ernst genommen werden soll.

Wolfgang Khieqe, der seit 1964 regelmäßig an den Winterausstellungen in Düsseldorf genommen hat und sich am Kunstpreis Jugend für Plastik 1965 in Stuttgart Bochum und ein „Kunstpreis junger West 1967 in Recklinghausen beteiligte, stellt im „Mumins“ unter anderem eine jüngere Arbeit vor, die in der Serie der Polsterplastiken das wohl stärkste Interesse verdient: Auf fünf gleich große Metallplatten wurden fünf gleich hohe Metallstanqen geschweißt. Wolfgang Kliege überzog die Enden dieser Ständer mit schwarzen Plastikstücken, die sich mal der aufstrebenden Form anpassen, mal seitlich herausstrebende Rundungen bilden. Die eng zusammengestellte Gruppierung wirkt vornehmlich durch den Kontrast von spiegelartiq glänzenden Metallteilen, die vernickelt sind, und matt-schwarzen Polsterstücken.

RP 19. 2. 1968

Schreibe einen Kommentar