Noch ein Jahr

Morgen ist es soweit. Dann trennt uns genau ein Jahr vom Start der dOCUMENTA (13) in Kassel. „SAVE THE DATE“ heißt entsprechend das Motto der Pressemitteilung, die mit einem Fotomotiv lockt, das Carolyn Christov-Bakargiev (CCB) während ihrer jüngsten Argentinien-Reise in Resistencia (Provinz Chaco) entdeckte. Es zeigt die Aufrichtung eines Plakatwürfels mit der Botschaft: Kunst ist ein allgemeines Gut, das jedermann gehört.

Plakatwürfel

Ein verheißungsvolles Motto für die kommende documenta. Aber es nicht das einzige Zitat, auf das sich die documenta-Leiterin bezieht. Wörtlich heißt es in der Pressemeldung: Für die künstlerische Leiterin der dOCUMENTA (13), Carolyn Christov-Bakargiev, ist die dOCUMENTA (13) ein frei zu definierendes Feld, gemäß der Devise: „Der Tanz war sehr frenetisch, aufbrüllend, rasselnd, klingelnd, verdreht, rollend und dauerte (für) längere Zeit.“

Erstmals hatte CCB diesen Satz als Arbeitstitel im Februar vorigen Jahres einem Vortrag in San Francisco vorangestellt. Die documenta-Leiterin schätzt diesen Satz – nicht nur, weil er ihre Liebe zum Tanz dokumentiert, sondern auch, weil er für die Aktivierung aller Sinne, die Annäherung an das Fremde, die Überwältigung und die Verrücktheiten steht, die zum Wesen ihrer Ausstellung gehören sollen. Dieser sich dem Rationalen entziehende Satz hilft auch zu verstehen, wenn CCB sagt, die documenta sei mehr als eine Ausstellung. Die Entstehung der dOCUMENTA (13) ist ernsthaft als ein offener Prozess gemeint.

Diese Offenheit wird auch im Umgang mit der Öffentlichkeit spürbar: Im Unterschied zu ihren unmittelbaren Vorgängern bemüht sich CCB, das an der Kunst interessierte Publikum in die Vorbereitungen der dOCUMENTA (13) teilweise einzubeziehen. Die beiden ersten Künstlerbücher und die seit März erscheinenden Notebooks belegen das ebenso wie die Errichtung der ersten Skulptur (Bronzebaum „Idee di Pietra“ von Giuseppe Penone in der Karlsaue), die Vorführung des Films „The Host and the Cloud“ von Pierre Huyghes und die Brunnenreinigung mit Horst Hoheisel vor dem Kasseler Rathaus.

Die Tatsache, dass Hoheisels Brunnenmahnmal 25 Jahre nach seiner Entstehung Teil der dOCUMENTA (13) wird, ist ein weiterer Beweis dafür, dass CCB nicht unbedingt an Neuheiten in der Kunst gelegen ist, sondern an der Sichtbarmachung von Zusammenhängen.

8. 6. 2011

Nachtrag: Am Morgen des 9. Juni, also genau ein Jahr vor dem dOCUMENTA (13)-Start, wurde an der documenta-Halle ein gelbes Transparent mit dem Schriftzug und Termin der nächsten documenta – in Anwesenheit von Oberbürgermeister Bertram Hilgen, der auch documenta-Aufsichtsratsvorsitzender ist, und documenta-Geschäftsführer Bernd Leifeld – angebracht.

Mittlerweile hat sich auch das Erscheinungsbild der documenta-website verändert. Das Foto aus Resistencia mit dem Plakat (…. Kunst gehört jedermann) ist nun von einem Bild verdrängt worden, das Carolyn Christov-Bakargiev ebenfalls aufgenommen hat und das Guillermo Faivovich und Nicolas Goldberg beim Pflücken gentechnisch veränderter Baumwolle in der Provinz Chaco zeigt. Das Foto ist hervorragend, denn es präsentiert die beiden Künstler in dieser Beiläufigkeit und gespielten Ahnungslosigkeit, in der sie sich für ihr Buch „El Taco“ haben fotografieren lassen. Das Bild lenkt davon ab, dass sie auf den Meteoriten-Spuren in der argentinischen Provinz Chaco wandeln.

9. 6. 2011

Leifeld, Hilgen Hilgen, Leifeld documenta-Halle

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