Auch nach seinem Tod geht der Streit um seine Bedeutung und Rolle weiter.Vor 100 Jahren wurde der Bildhauer Arno Breker geboren, der zu den
führenden Künstlern der Hitler-Zeit gehörte.
Zu seinem 85. Geburtstag verschickte Arno Brekers Bonner Galerie Bildpostkarten, auf denen zu sehen war, wie der Bildhauer den exzentrischen
Künstler Salvador Dali (1975) und den Star der Wiener Schule des Fantastischen Realismus, Ernst Fuchs (1976), porträtierte. Unübersehbar ist bei der Porträtbüste in die Kappe auf dem Kopf von Fuchs der Davidstern eingeritzt. Seht her, sollte damit bekundet werden, der als Nazi-Bildhauer verschriene Arno Breker ist nicht nur mit den großen Kollegen seiner Zeit freundschaftlich verbunden, sondern pflegt auch ein gutes Verhältnis zu jüdischen Künstlern. Auf diese Weise sollte verdrängt werden, dass Arno Breker unter der Herrschaft der Nationalsozialisten der Lieblingsbildhauer Adolf Hitlers war und in jener Zeit die Formsprache der Kunst – gegen die Moderne – mitgeprägte.
Auch der jahrelange vergebliche Kampf seines Düsseldorfer Freundeskreises um die Schaffung eines Heinrich-Heine-Denkmals von Breker hatte mit der Verdrängung und versuchten Rehabilitierung zu tun. Hätte nämlich der umstrittene Bildhauer auf einem öffentlichen Platz ein Denkmal für den von den Nazis verfemten Dichter errichten dürfen, wäre die Grenzziehung zwischen Opfern und Tätern unkenntlich gemacht worden.
Doch zu den politisch-moralischen Vorbehalten kamen ästhetische. In den 20er Jahren war Arno Breker ein viel versprechender Künstler in der realistischen Tradition gewesen. Aber im Laufe der Jahre wurden seine Plastiken nicht nur monumentaler, sondern auch glatter und kitschiger. So war sein Heine-Denkmal-Entwurf von 1980 im Vergleich zu der Fassung von 1930 künstlerisch völlig indiskutabel.
Arno Breker, der heute vor 100 Jahren in (Wuppertal-)Elberfeld geboren wurde, erschwerte seine Position selbst dadurch, dass er Kontinuität sah, wo für andere urnüberbrückbare Brüche bestanden. Er verstand nicht, warum er über sein Wirken an der Seite Hitlers selbstkritisch nachdenken sollte; und er wollte nicht sehen, dass er mit dazu beigetragen hatte, die Kunst der Moderne zu verbannen, die nach dem Krieg über ihn triumphierte. Seine Freunde und Auftraggeber bestätigten ihn in seiner Haltung, indem sie Porträtbüsten bei ihm bestellten. Sie störten sich auch offenbar nicht daran, dass 1980 in der Broschüre „Der Portraitist“ in einem alphabetischen Verzeichnis die Namen von Konrad Adenauer, Jean Cocteau, Salvador Dali, und Gustav Schickedanz unterschiedslos mit denen von Josef Goebbels, Hermann Göring und Adolf Hitler zusammen geführt wurden. Obwohl von der Öffentlichkeit und der Kunstszene weit gehend geschnitten, war Breker bis zu seinem Tod im Jahre 1991 einer der erfolgreichsten Künstler der Nachkriegszeit.
HNA 19. 7. 2000
Köpfe von Heine, Hitler und Dalí
Schreibe eine Antwort