Grenzen gesprengt

Im Alter von 50 Jahren ist der Maler Michael Buthe in Köln gestorben. Der
die Mythen beschwörende Künstler hatte viermal an der documenta teilgenommen.

Seine Malerei bewegte sich außerhalb der Zeit. Die üppige Farbenpracht, die sich über seine Bilder und Objekte ergoß, und die zuweilen ekstatisch wirkenden Kompositionen schienen ihn in die Nähe der wilden Malerei der 80er Jahre zu rücken. Aber Michael Buthes Ansatz war älter und reichte tiefer. Sehr früh war er in den Einflußbereich arabischer und afrikanischer Kulturen geraten, hatte er die islamische Ornamentik in sich aufgesogen und hatte eine die Kontinente überspannende Kunstsprache gefunden.

Michael Buthe, 1944 in Sonthofen im Allgäu geboren, hatte in Kassel studiert, zog dann nach Köln und erhielt 1983 eine Professur an der Düsseldorfer Kunstakademie. Bereits 1969 hatte Harald Szeemann Buthe für seine (auch heute immer noch exemplarische) Ausstellung „When Attitudes Become Form“ entdeckt. 1972 war Buthe dann erstmals auf der Kasseler documenta dabei – in der Abteilung „Individuelle Mythologien“. Bei der vorigen documenta hatte Jan Hoet Buthes Beitrag ins Zentrum gerückt: In der Rotunde des Museums Fridericianum war eine überraschend dunkel-mystische Installation aus Kupferplatten und einem Riesenleuchter mit zwei goldenen Eiern zu sehen.

Buthe war Maler. Aber immer wieder übersprang er die Grenzen herkömmlicher Malerei. Seine Bilder gestaltete er häufig als Collagen, in die er alltägliche Symbole hineinklebte. Und oftmals wuchsen seine Arbeiten über die Bildfläche hinaus, wurden zu Reliefs und im Raum freistehenden Objekten – ergänzt durch Federn, Aste, Steine und andere Fundstücke.

Aus den Bildern und Objekten entstanden begehbare Bildräume, die mit ihren Farben und archaischen Zeichen anlockten und die Besucher in eine rätselhafte Welt der Mythen hineinzogen. Man fühlte sich den Nomaden ebenso nahe wie einer volkstümlichen Religiosität. Buthes Vorliebe für die Arbeit mit Gold(farben) verlieh seinen Werken stets etwas Feierliches, so als wären sie für eine Prozession oder einen Beschwörungstanz geschaffen.

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