Raster aus farbigen Pfeilern

Der französische Künst1er Daniel Buren plant für Weimar die Umgestaltung eines Platzes mit schwarz-weißen Linien und farbigen Pfeilern.

Sein Vokabular besteht aus regelmäßigen farbigen Streifen. Rot-weiße Fahnen hängte er in Museen, mit rot- weißen Ummantelungen verwandelte er dieses Jahr in Venedig Baumstämme in Skulpturen und ein rot-weißes Wimpelmeer zauberte er zur Skulpturenschau in Münster an den Himmel über einer Einkaufsstraße. Da, wo der Franzose Daniel Buren (Jahrgang 1938) als Gestalter auftritt, ist seine Handschrift unverkennbar. Und seit er 1986 den Ehrenhof im Palais Royal in Paris umgestalten durfte, weiß man, dass Buren ein Künstler ist, der seine Sprache zur Stadtarchitektur hin öffnen kann.
Bernd Kauffmann, der Generalbeauftragte für die Kulturstadt Weimar 1999, konnte Buren gewinnen, sich in der Klassikerstadt einen Platz auszusuchen und für den einen Gestaltungsentwurf zu entwickeln. Buren entschied sich für den Rollplatz, der im Jakobsviertel am Rande der Altstadt liegt und der zum reinen Parkraum mit Spielplatz verkommen ist. Der Entwurf soll im Februar mit den Bürgern diskutiert werden; bis dahin soll der Kostenrahmen festliegen, zu dessen Deckung Kauffmann Sponsoren finden will. Die Stadt Weimar und die Kulturstadt GmbH sind entschlossen, das Konzept umzusetzen, damit der neue Platz Weimar dauerhaft bereichern kann.
Die Grundidee Burens ist, den gesamten Platz mit einem Raster zu überziehen, das aus je drei neun Zentimeter breiten (schwarz-weißen) Streifen besteht, die Quadrate mit einer Grundlinie von 2,25 Metern umgrenzen. Jeweils auf die Schnittpunkte der Rasterstreifen werden Pfeiler gestellt, deren Höhe von der Platzmitte zu den Rändern hin ansteigt.
Buren will die Menschen zum Verweilen einladen. Sie sollen schauen, sich treffen und ausruhen können. So soll es in dem Rastersystem Bänke und kleine Springbrunnen geben, auch sollen die Bäume und der Spielplatz erhalten bleiben. Da, wo Anliegerverkehr notwendig ist, sollen die Pfeiler nur als Grundrisse angedeutet werden. In der Platzmitte aber sollen es die Menschen sein, die den Raum gestalten: Im Zentrum sind die Pfeiler wie kleine Sitze nur 40 Zentimeter hoch. Nach außen hin sollen sie – einem festen Neigungswinkel folgend – bis zu fünf oder sieben Metern ansteigen.
Daniel Buren will seine Gestaltung möglichst mit der Umgebung abstimmen. So soll das Granit-Kopfsteinplaster erhalten beziehungsweise wieder- verwendet werden. Auch die
Rasterstreifen sollen aus (schwarzem und weißem) Granit bestehen. Die Farben für die Pfeiler will der Künstler auf die Fassaden der Häuser in Weimar abstimmen. Sein Grundsatz lautet: Er will keinen Fremdkörper hineinsetzen, sondern aus dem Stadtzusammenhang einen Erlebnisraum schaffen.
Das Bild des Platzes wird sich mit jedem Standortwechsel ändern. Buren plant, den vier Seiten der Pfeiler die vier Grundfarben (rot, gelb, blau, grün) zuzuordnen, wobei alle Pfeiler die gleichen Farben an den gleichen Seiten erhalten sollen. Da aber die Pfeiler von innen nach außen wachsen und sich nach einem strengen System die schwarz-weißen Rasterlinien auf einzelnen Pfeilerseiten fortsetzen (und die andere Farbe verdrängen), wird sich ein stark wechselndes Bild ergeben.
HNA 18. 12. 1997

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