Kaufvertrag wurde unterschrieben

Am 21. Juni 2010, also vor fast drei Jahren, übergaben documenta-Leiterin Carolyn Christov-Bakargiev und der Turiner Arte povera-Künstler Giuseppe Penone gemeinsam in der Karlsaue Penones Bronzeskulptur „Idee die Pietra“. Der Bronzeabguss eines hart beschnittenen Baumes, dessen Äste einen Findling tragen, sollte der Vorbote der dOCUMENTA (13) sein. Der Baum war als ein frühes Versprechen gedacht, er sollte im Blick auf das Ausstellungskonzept Wurzeln schlagen und damit auch verheißen, dass sich diese documenta auf die Stadt einlassen werde.

Zwar hatte Penone die Skulptur bereits für die Sydney-Biennale 2008 entwickelt. Doch an seinem neuen Standort erhielt er eine neue Bedeutung. Denn nun wurde der Baum zu einer Antwort auf die „7000 Eichen“, die Joseph Beuys 1982 zur documenta 7 gestartet hatte. Penones Arbeit ist im Vergleich zu den „7000 Eichen“ klein und bescheiden. Aber beide Arbeiten verbindet die Verküpfung von Baum und Stein.

Als Standort war eine Wiese unterhalb des Rosenhangs ausgewählt worden, die wohl zur Karlsaue gehört, die aber mit der barocken Parkidee nichts mehr zu tun hat.

Das Konzept der documenta-Leiterin ging auf: Die Kasseler schlossen die Skulptur in ihr Herz. Und als absehbar wurde, dass der Penone-Baum nicht auf die Ankaufsliste von der Stadt Kassel und dem Land Hessen kommen würde, fanden sich ganz schnell große und kleine Spender bereit, den Ankauf zu finanzieren. Diese Offenheit und Spontanietät überraschten auch die besten Kassel-Kenner.

Giuseppe Penone kam am 13. April zusammen mit Carolyn Christov-Bakargiev nach Kassel, wo er offiziell den Kaufvertrag mit unterzeichnete. Bei der Gelegenheit wurde den Großsponsern gedankt und auch dem Künstler, der auf einen Teil seines Honorars verzichtet hat. Die Feierstunde fand am vertrauten Standort statt.

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An diesem Ort soll die Arbeit aber nicht bleiben, weil der Direktor der Museumslandschaft Hessen Kassel, Prof. Bernd Küster, sowie die Kunst-Ministerin Eva Kühne-Hörmann der Meinung sind, gemäß des Nutzungsvertrages für die Karlsaue solle der Park immer für temporäre Kunstpojekte offen sein, er dürfe aber nicht mit angekauften documenta-Kunstwerken möbliert werden. Auch sieht Küster die zeitgenössische Skulptur als einen Fremdkörper in der ursprünglich barocken Parkanlage.

Diejenigen, die dennoch für die Beibehaltung des Standortes streiten, argumentieren damit, dass die Wiese außerhalb der barocken Anlage liegt, dass die Skulptur sich dort harmonisch eingefügt hat und dass sie aus der Ferne eher als eine versteinerte Naturform denn als modernesKunstwerk wirke.

Der seit Herbst 2013 laufende Streit – mit Petitionen und einer Unterschriftenaktion – soll nun auf Vorschlag der Ministerin mit Hilfe einer Expertenkommission geschlichtet werden. Auf Landesseite sitzen in der Kommission Prof. Bernd Küster sowie der Gartenhistoriker Klaus von Krosigk. Auf der Stadtseite wurde Kulturamtsleiterin Dorothée Rhiemeier sowie Gartenamtsleiterin Regula-Maria Ohlmeier berufen. Den Vorsitz soll Alexander Farenholtz von der Kulturstiftung des Bundes übernehmen.

Die Besetzung der Landesseite lässt aber daran zweifeln, ob es wirklich zu einer ergebnisoffenen Beratung kommt. Denn Prof. Küster hat sich schon vor Monaten eindeutig gegen den Verbleib des Penone-Baumes an seiner bisherigen Stelle ausgesprochen. Dass darüber hinaus ein Gartenhistoriker und kein Kunstexperte berufen wurde, sagt eigentlich alles. Denn es geht nicht darum, das Gartenkunstwerk Karlsaue neu zu beschreiben, sondern es geht darum, ob ein derart naturnahes Kunstwerk am Rande der Karlsaue, wo längst durch eine Fahrstraße sowie die Gartengestaltung die barocke Idee verloren gegangen ist, geduldet werden kann.

Von den Beratungen ist also nicht viel zu erhoffen
– es sei denn: in den Gesprächen werden auch die anderen Hinzufügungen im Laufe der Jahrhunderte berücksichtigt
– es sei denn: der Staatspark Kassel wird als das wahrgenommen, was er ist – als ein historisch begründeter und immer weiter entwickelter Volkspark
– es sei denn: es wird gesehen, welche Strahlkraft und Beliebtheit ein Kunstwerk innerhalb kurzer Zeit entwickeln kann
– es sei denn: der Appell des Künstlers würde fruchten und Alexander Farenholtz könnte die Ausnahmesituation begreiflich machen.

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