Bergpark und Wasserspiele sind Welterbe

Nun ist das Ziel erreicht. Die Unesco hat den Bergpark Wilhelmshöhe mit den seit 300 Jahren beispielhaft funktionierenden und deshalb unveränderten Wasserspielen in die Welterbeliste aufgenommen. Damit haben sich die sorgfältigen, seit über zehn Jahren laufenden Vorbereitungen ausgezahlt. Entscheidende Unterstützung leistete die internationale Expertenkommission, die Kunst- und Wissenschaftsminister Udo Corts eingesetzt hatte und der der Autor dieser Zeilen angehörte. Die Kommission gab in der Zeit von 2006 bis 2010 wichtige Hinweise zur Pflege und Sicherung des Bergparkensembles und bei der Planung von Bauarbeiten im Umfeld von Schloss und Marstall in Wilhelmshöhe. Dem Votum dieses Gremiums ist der Bau und die Positionierung des Besucherzentrums am Herkules zu danken. Das Besucherzentrum ist mittlerweile zu einer Attraktion geworden.

Die Expertenkommission selbst hat einen langen und wendungsreichen Lernprozess durchgemacht. Denn als die Beratungen 2006 begannen, ging man davon aus, dass der Antrag zur Aufnahme in die Welterbeliste die landgräfliche Gartenlandschaft insgesamt, also Bergpark, Karlsaue und Wilhelmsthal, einschließen sollte. Diese umfassende Lösung war unter dem Eindruck entwickelt worden, dass das Unesco-Komitee verstärkt Ensemble-Lösungen bevorzuge.

Relativ spät erfolgte die Wende vor dem Hintergrund, dass schon mehrfach barocke Parkanlagen auf die Welterbeliste gesetzt worden seien und es möglicherweise schwierig zu vermitteln sei, eine weitere Parkanlage aus der Barockzeit auszuzeichnen. Nachdem in den Akten der einstmals landgräflichen Sammlungen Dokumente aus dem späten 17. und frühen 18. Jahrhundert aufgetaucht waren, die belegen, dass die Konstruktion der Sammlung und Zuleitung von Regen- und Oberflächenwasser als ein Forschungsprojekt betrieben worden war und man eine Lösung fand, die bis in unsere Tage (ohne Pumpen) funktionstüchtig ist, entschied man sich, ganz auf den Bergpark, das Herkulesbauwerk und die Inszenierung der Wasserspiele (fünf Formen eines Wassertheaters) zu setzen.

Aus heutiger Sicht war dieser Wechsel zielgerecht und erfolgreich. Zur Bewerbung gehörte natürlich auch die Einbeziehung des gesamten Bergparks mit seinen Schlossbauten, Scheingräbern und reinen Schauanlagen sowie der nahtlose Übergang vom durchgestalteten Park zum weitläufigen Wald- und Wiesengelände. Die Verpflanzung des Herkules-Mythos in die mitteleuropäische Berglandschaft – mit seiner monumentalen, im Prinzip begehbaren Kupferblechfigur, mit dem Oktogonschloss als Basis und mit seiner barocken Parkachse, an der sich die Stadt Kassel orientierte – wurde ebenso als einzigartig anerkannt. Insbesondere die monumentale Herkulesfigur wurde als ein künstlerisch-technisches Meisterwerk gewürdigt. Diese Ausweitung stellt einen weiteren Begründungszusammenhang her: Ausgehend vom Oktogon und dem Herkules kann man am Beispiel des Bergparks erläutern, wie sich absolutistische Ideen in der Landschaftsgestaltung niederschlagen haben, wie aus einer barocken Anlage ein weitläufiger englisch geprägter Park entstanden und wie die als geistige Landschaft gestaltete Natur ihre Entsprechung im späten 20. Jahrhundert durch die Gemäldesammlung Alter Meister und die Antikenabteilung findet. Im Museum von Schloss Wilhelmshöhe nämlich wird mit Hilfe von Gemälden und Plastiken künstlerisch gespiegelt, was in der Parklandschaft in der Anknüpfung an antike Formen und Ideen gestaltet worden ist.

Der Zeitpunkt der Unesco-Entscheidung hätte günstiger nicht sein können. Die Auszeichnung des Bergparks erfolgte exakt zum Höhepunkt des Hessentages, nämlich direkt vor Beginn des großen Festzuges, und er kam gerade rechtzeitig zur 1100-Jahrfeier der Stadt.

Der Bergpark mit seinen Museen ist Teil der Museumslandschaft Hessen Kassel (mhk.) und damit Teil des Landeseigentums. So hat auch das Land die Bewerbung vorangetrieben. Trotzdem muss die Landesregierung damit leben, dass in der deutschen Presse vorwiegend der Stadt Kassel gratuliert wird.

Ernüchternd bis ignorant sind einige Zeitungsberichte. So schrieb die Süddeutsche Zeitung zur Welterbe-Zuerkennung: „Viele kennen Kassel nur von Radarkontrollen. Aber die Stadt in Nordhessen zählt jetzt zum Unesco-Welterbe. Glauben Sie nicht? Wir zeigen Ihnen warum.“

Etwas verwunderlich ist auch die Äußerung von Prof. Gerd Weiß, Präsident des Landesamtes für Denkmalpflege in Hessen, der die Bewerbung erfolgreich nach vorn gebracht hat: „Kassel ist damit nicht mehr nur als Documenta-Stadt bekannt, die alle fünf Jahre die aktuelle Kunstszene anzieht, sondern wird ein Treffpunkt für Leute, die an der Landschafts- und Gartenarchitektur interessiert sind“, sagte Weiß. Die Erklärung geht darüber hinweg, dass es noch gar nicht so lange her ist, dass Kassel überhaupt als documenta-Stadt international bekannt wurde und damit ein Alleinstellungsmerkmal erhielt. Zum anderen war für Freunde der historischen Park- und Landschaftsarchitektur Kassel schon immer ein Anziehungspunkt.

Hier einige Fotos der Wasserspiele, aufgenommen am Tag der Welterbe-Entscheidung für Kassel:

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siehe auch die ausführliche Darstellung:

Der Herkules als Gesamtkunstwerk

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