Der Leiter der documenta 12, Roger M. Buergel, hat eine spannende Aufgabe übernommen: Er baut in Zürich unter dem Namen „Johann Jacobs Museum“ eine Sammlung und ein Ausstellungsforum auf, die sich mit den globalen Handelswegen und deren kulturellen und sozialen Folgen auseinandersetzen wollen. Dabei will Buergel unterschiedliche Zugänge (auch für Mitwirkende) schaffen. So sollen Projekte mit Jugendlichen erarbeitet werden oder sollen Migranten ihre Erfahrungen einbringen können.
Das von der Jacobs Foundation getragene Museum soll in jeder Beziehung Neuland betreten. In der Züricher Villa, die für die neuen Zwecke umgestaltet wurde, war zuvor eine Sammlung zu sehen, die sich gemäß des Unternehmens Jacobs, mit den Wegen des Kaffeehandels beschäftigte. Die ausschließliche Fokussierung auf den Kaffee soll aufgegeben werden. Um Kaffee und Kakao soll es auch weiterhin gehen. Bei der Erforschung und künstlerischen Reflexion des weltweiten Handels sollen auch andere Produkte wie Erdöl, Baumwolle, Tabak und Kautschuk mit in den Blick genommen werden. Aber nicht nur der Themenwechsel ist wichtig. Entscheidend ist, dass die Ausstellungen gemeinschaftlich erarbeitet werden und nicht nur von oben herab entwickelt werden sollen. Das ist ganz im Sinne der Jacobs Foundation, die mit ihrem Gesamtvermögen von 3,5 Milliarden Schweizer Franken eine der größten Stiftungen ist, die sich den Kinder- und Jugendproblemen widmet. Bei den Projekten der Foundation geht es weniger um soziale Förderung als um Grundlagenforschung zur besseren Ausrichtung der Bildungsprogramme zugunsten von Kindern und Jugendlichen.
Es wird also interessant sein, zu beobachten, ob es gelingt, das von Buergel geleitete Museum zu einem ungewöhnlichen Ort des Austausches zu machen oder ob sich der traditionelle Museumsbegriff durchsetzt.
Buergel will die von Klaus Jacobs überlieferte Sammlung nicht wegdrücken, sondern auf neue Weisen nutzbar machen. Zum Transport von Kaffee und Kakao wurden nicht nur globale Handelswege ausgebaut, es kamen mit den begehrten Produkten auch viele Alltagsdinge aus den Ursprungsländern, die die Importeure als Alltagskunst erwarben und sammelten. Von solchen vorgefundenen Objekten will Buergel Beziehungslinien zu den Gesellschaften und Kulturen ziehen.
Die aktuelle Ausstellung „A Season in Shell“ (bis 25. März) dreht sich um eine Schneckenart aus Somalia, für deren Verkauf Handelswege nach China und Hongkong gebaut wurden – das Schneckenfleisch wird verzehrt, die Muschelschalen werden zu Permutt verarbeitet.
26. 1. 2014