Aus dem Kopf und aus dem Bauch

Der Architektur-Professor Albert Cüppers vollendet heute sein 65. Lebensjahr. Weit über seinen Fachbereich und die Stadt hinaus hat er sich einen Namen als Zeichner und Maler gemacht.
Wenn einer so souverän die Kunstgeschichte im Kopf und das Können in der Hand hat, daß ihm jeder Ausdruck möglich ist und er bei jeder Strichführung weiß, wen er zitiert oder variiert, dann ist das nicht nur eine Gnade, sondern auch eine Last. Der im niederländischen Den Haag geborene Albert Cüppers, der seit 1967 in Kassel lehrt, hat mit dieser Last zu kämpfen. Auch dann noch, wenn die Bilder abgeschlossen und zur Besichtigung freigegeben sind, weist er immer wieder auf die kunsthistorischen Bezüge hin, die ihm als einem Professor für Ästhetische Theorie und Praxis bewußt sind. Insofern ist Cüppers ein postmoderner Künstler, der weiß, daß so gut wie alles gemalt ist, und der sich nun malend über Malerei unterhält.
Doch darin erschöpft sich Cüppers‘ Künstler-Rolle zum Glück nicht. Er ist ja auch ein Mensch, der Glücksmomente hat oder leidet, der mit der Musik Stimmungen aufsaugt und mit der Malerei Gefühle abarbeitet. Und eben die wechselnden Gefühlslagen sind der eigentliche Motor seiner künstlerischen Arbeit. Für Tage und Wochen gibt er sich dem Zeichnen und Malen hin und ist erst dann wieder richtig frei, wenn er die inneren Probleme künstlerisch geklärt hat. So ergibt es sich ganz von selbst, daß Albert Cüppers in Zyklen zeichnet und malt – mal kühl konstruktivistisch, dann surreal bis ins Absurde und schließlich wieder gestisch-abstrakt.
So überraschte Albert Cüppers in den vergangenen Jahren immer wieder seine Freunde und Kollegen, wenn er im Dezember seine neuesten Werkgruppen vorstellte. Häufig traf man einen neuen Cüppers und stets blieb er doch der gleiche. Zu selten sah man seine Bilder aber in größeren Zusammenhängen, in Ausstellungen vor Ort. Auch wenn er heute im Kreis der Freunde seinen 65. feiert, nutzt er die Chance, seine Arbeiten zu zeigen (heute um 18 Uhr im Forum K 10 der GhK, Holländischer Platz). Dieses Mal sind es Bleistiftzeichnungen. Cüppers dazu: „… mein Gegenprogramm, manchmal lustvoll, manchmal auch mit innerer Wut in das Papier getrieben.“
Kaum ein Thema, das Cüppers nicht bearbeitet hätte. Aber seine Generalthemen sind die Landschaften und Architekturbilder geblieben. Visionäre Kassel-Ansichten sind darunter – etwa zur abgerissenen Kirkeby-Skulptur. Aber wenn man an Schlüsselbilder denkt, dann fallen zuerst die Zeichnungen und Gemälde ein, auf denen Cüppers Schnitte durch eine Landschaft in der Weise komponiert, daß diese Segmente selbst zu Architekturteilen oder Skulpturen werden.
16. 6. 1997

Schreibe einen Kommentar